Bauzinsen bald noch deutlich höher?


Die 10-Jahresrendite deutscher Bundesanleihen hat am 27. Februar mit 2,58 % den höchsten Stand seit dem Jahr 2011 erreicht. Viele EZB-Mitglieder, wie z.B. der Chef der Deutschen Bundesbank Joachim Nagel, sprechen von weiteren, signifikanten Leitzinserhöhungen auf den kommenden EZB-Sitzungen. Selbst der italienische Notenbankchef Ignazio Visco, der als ausgesprochene „Taube“ gilt, betont, dass die EZB noch nicht weiß, ob der Zinsgipfel bei 3,25 %, 3,5 % oder 3,75 % liegt. Zeitgleich kommen auch noch schlechte Nachrichten aus Übersee: Die PCE-Kernrate, die von der Fed als maßgeblicher Indikator für die Inflationsmessung gesehen wird, ist im letzten Monat überraschend angestiegen - die Kerninflation scheint hartnäckiger zu sein, als von vielen Marktteilnehmern erwartet und generiert Druck auf die Fed, die Zinsen stetig weiter anzuheben. Wiederholt sich etwa die Historie der 70er-Jahre und es steht ein ganzes Jahrzehnt hoher Inflationsraten an? Oder gelingt es den Notenbanken, das „Schreckgespenst“ Inflation wieder einzufangen?

Inflation versus Kerninflation

Die Rohstoffpreise, insbesondere die Energiepreise, waren die letzten Monate im Sinkflug. In der Inflationsmessung in den kommenden Monaten wird aus dem Inflationstreiber „Energie“ immer mehr eine Inflationsbremse. Die Inflationsrate, gemessen am gesamten Warenkorb, wird daher in Deutschland und der Eurozone weiter zurückgehen. Jedoch ist dies nicht das entscheidende Maß für die Geldpolitik der EZB. Viel wichtiger ist die sogenannte Kerninflation. Die Kerninflation berücksichtigt weder Energie- noch Nahrungsmittelpreise, und ist damit nicht so schwankungsanfällig. Dieser Indikator wird langfristig vor allem durch die Entwicklung der Arbeitskosten beeinflusst. In diesem Punkt sehen die Notenbankmitglieder die wesentliche Gefahr, dass sich die Inflation verfestigt. Denn die derzeit hohen Inflationserwartungen der Bürger schlagen sich in hohen Lohn- und Gehaltsforderungen nieder, welche die Arbeitgeber als Kostenfaktor wieder an den Endkunden weitergeben – die klassische Lohn-Preis-Spirale. Genau vor dieser Spirale warnt aktuell die Deutsche Bundesbank. Der enge Arbeitsmarkt und der Fachkräftemangel im Zusammenspiel mit den gestiegenen Lebenshaltungskosten haben zur Folge, dass die Arbeitnehmer eine wesentlich bessere Verhandlungssituation haben. Lohnforderungen von 10 % bis 15 % sind keine illusorischen Träume einzelner Gewerkschaften mehr, sondern die Realität.

Inflationsbekämpfung versus Wirtschaftswachstum

Die EZB muss die Kerninflation bekämpfen, in dem sie die Leitzinsen in den restriktiven Bereich anhebt, damit die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt ausgebremst werden. Die große Frage ist nur, wie hoch müssen die Zinsen steigen, um das Ziel zu erreichen, ohne gleichzeitig die Wirtschaft in eine tiefe Rezession zu stürzen? Die Schwierigkeit besteht darin, dass sich Leitzinserhöhungen meist erst 9 bis 12 Monate später in der Realwirtschaft widerspiegeln. Die Ergebnisse der vergangenen Erhöhungen werden daher wahrscheinlich erst im Sommer oder Herbst in der Wirtschaft sichtbar werden. Ein Verzögerung weiterer Leitzinserhöhungen kann sich die EZB aber nicht leisten, da die Inflation bereits aus dem Ruder gelaufen ist und sie damit viel Vertrauen in der Bevölkerung und bei den Marktteilnehmern verspielt hat – es braucht also ein entschlossenes Handeln (ähnlich wie die Fed in den USA), um eindeutig klar zu stellen, dass sie die Inflation mittelfristig wieder auf ein Niveau von 2 % zurückführen wird.

Leitzinserhöhung vs. Langfristige Zinsen

Wie werden sich nun die Bauzinsen entwickeln, wenn die EZB noch weitere Zinserhöhungen vornehmen wird? Steigen die Bauzinsen noch um 0,5 % oder gar 1 % an? In diesem Zusammenhang ist wichtig zu betonen, dass der Anleihemarkt in den letzten Wochen bereits einige Leitzinserhöhungen bis zum Sommer eingepreist hat. Zurzeit wird am Markt geschätzt, dass der EZB-Einlagensatz auf 3,75 % steigen wird. Ausgehend vom aktuellen Satz entspricht diese Prognose eine Steigerung von 125 Basispunkten auf den nächsten 3 bis 4 Sitzungen. Die 10-jährige Rendite der deutschen Bundesanleihen und in Folge auch die Bauzinsen dürften also nur deutlich über 4 % springen, wenn die Marktteilnehmer erwarten, dass der Einlagensatz noch über das bereits eingepreiste Niveau steigen wird oder langfristig auf einem hohen Niveau verharren wird. Die geldpolitischen Erfahrungen der letzten Jahrzehnte lehren uns aber: Je höher die Leitzinsen der Notenbanken steigen, umso schneller kommt die Rezession und damit auch die Kehrtwende in der Geldpolitik. Eine starke Erhöhung der kurzfristigen Zinsen dürfte mittelfristig wieder zu fallenden langfristigen Zinsen führen. Ein zögerliches Handeln der EZB würde vermeintlich den Zinszyklus verlängern und dadurch würden auch die Bauzinsen für längere Zeit auf hohem Niveau verharren. 

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